"Wort vom Wochenende" - der geistliche Impuls aus der Regionalausgabe der Mainpost

Für die Regionalausgabe Rhön-Grabfeld der Zeitung "Mainpost" verfasst jede Woche eine Person aus der evangelischen oder katholischen Kirche einen kurzen geistlichen Impuls als "Wort zum Wochenende". Wir veröffentlichen die Texte hier mit kleiner Verzögerung und lassen der Mainpost damit den Vortritt. Weitere "Worte zum Wochenende" kann man auf der homepage www.mainpost.de mit der Suchfunktion finden.

Für das Wochenende ab 21. Februar 2025
schrieb Florian Mucha, Pfarrer in Aubstadt:

Liebe Leserin, lieber Leser,
am Sonntag ist Bundestagswahl – und im Zentrum aller Politik steht immer die Frage: Was wären die gerechtesten Gesetzesvorhaben?

Im Predigttext des vergangenen Sonntags findet sich eine interessante Sichtweise darauf. Kohelet schreibt im 7. Kapitel:
„Sei nicht übertrieben gerecht und bemühe dich nicht, übertrieben weise zu sein! Warum willst du dich selbst zerstören? Handle aber auch nicht allzu gottlos, und tu nicht so, als wärst du dumm! Warum willst du vor deiner Zeit sterben? Man sagt: Gut ist es, wenn du das eine anpackst und auch von dem anderen deine Hand nicht lässt.“

Beides anpacken sollen wir, ein entschiedenes „sowohl – als auch“ höre ich bei Kohelet heraus, nicht ein „entweder – oder“. Die goldene Mitte zu finden ist das Ziel. Kompromisse sind gefragt.




Nach der Wahl müssen die koalierenden Parteien also gemeinsame Lösungen finden, mit denen alle gleichermaßen (un-)zufrieden sind. Schaffen sie es nicht, drohen Wiederholungen von Ereignissen wie dem Ampel-Aus, den Koalitionsfindungsproblemen in Österreich oder Merz‘ erfolgloser Alleingang in der Migrationspolitik, bei dem sich am Ende nur die AfD freute (worüber eigentlich?).
Wenn wir alle übermorgen gezwungenermaßen „kompromisslos“ eine Partei wählen, ist das Enttäuschungspotential hinterher groß. Manche wenden sich ganz von der Demokratie ab, werden Nicht- oder Protestwähler. Dabei ist der Kompromiss nun einmal das Wesen der Demokratie; unsere Politikerinnen und Politiker werden ja dafür bezahlt, nichts anderes zu machen als den ganzen Tag Kompromisse auszuhandeln. Behalten Sie das im Hinterkopf! Es schützt vor Wut nach der Wahl und auch davor, sein Kreuz bei einer Partei zu machen, die keine Kompromisse machen will und damit genau jene Politik erzwingt, die sie eigentlich bekämpfen will.

Pfarrer Florian Mucha, Aubstadt